Die Kunst des Reisens

Sie war auf der Suche nach dem Traumreiseland. 
Mit Karte, Kompass, Ausrüstung und Proviant. 
Das Reisefieber packte sie. Sie brach früh auf. 
Aus dem sonnigen Süden weit nach Norden hinauf. 

Sie wollte die grünen Polarnacht-Lichter sehen. 
Über Fjorden zu den Trollen in die Berge gehen.
In Fischerdörfern frische Fische essen. 
In der Hütte im Wald die Welt vergessen. 

Sie fuhr allein durch leere Straßen, fremdes Land. 
Der Midsommernacht entgegen, kühl und entspannt. 
Am Zielort schlenderte sie mittags durch die Gassen, 
fotografierte, wollte keine Zeit verstreichen lassen. 
Cooles Nordland. Mittagsregen benetzte ihr Gesicht. 
Die Polarsterne sah sie, doch sich selbst sah sie nicht. 

Sie wollte einmal Erlebnis-Urlaub machen. 
Spaß haben, Menschen begegnen und lachen. 
Sie wollte sich faul in die Strand-Sonne legen, 
das Leben genießen, die braune Haut pflegen. 
Sie wollte schnorcheln in seichten Gewässern, 
Tintenfisch essen, Wein trinken aus Fässern. 

Wo immer sie hinkam, der Proviant wurde leer,
die Bilder der Erinnerung aber wogen schwer.
Nie kam sie unterwegs auf die Idee, sie vergaß, 
die Schätze zu bergen, die sie in sich besaß. 

Im Gebirge wollte sie in der Gruppe wandern,
mit Führer, von einem Gipfel zum andern.
Sie trug im Rucksack Vorräte und Zelt. 
Sie lag in Schlafsack, fernab der Welt. 
Beim Wandern durch Täler, Wälder und Auen,
von Hütte zu Hütte wuchs ihr Selbstvertrauen. 
Sie lernte, genügsam und zweckfrei zu leben,
für Naturerfahrungen alles zu geben.
Sie lief, soweit die Füße sie trugen.
In der Bergnatur geriet Ihr Verstand aus den Fugen.
Ihr Herz jubelte und ihre Seele sang.
In Felswänden, Schluchten, war ihr nicht bang.
Auf dem höchsten Gipfel gaben sie sich die Hand. 
Bergfreundschaft und Gemeinschaft entstand.

Beim Abstieg, sie hörte den Bergbach schon tosen
band sie in ihr Stirnband zwei rote Almrosen. 

Je dichter der Wald, desto weniger Licht. 
Und immer noch fand sie sich selber nicht. 

Sie ließ sich fallen und fand sich wieder 
unter Buchen, Vögel zwitscherten ihre Lieder. 
Sie lauschte den Tieren, verfolgte ihre Spur,
Sie war fasziniert von den Wundern der Natur. 

Am Lagerfeuer lernte sie Naturfreunde kennen.
Sie alle konnten für Bergabenteuer brennen.
Als das Feuer erlosch, war es finstere Nacht.
Doch zum Nachdenken hatte es sie nicht gebracht. 
Unendliche Weiten lagen in ihr im Dunst. 
Das Traumreiseland zu entdecken war die Kunst. 

Dem Schwarzen Loch alter Muster zu entrinnen, 
den Kampf um die Freiheit zu gewinnen. 
Die Talente zu Stärken zu machen. 
Über Fehler nicht zu weinen, sondern zu lachen. 
Doch das Erlebte wog schwer wie ein Stein. 
Es zu verarbeiten fiel ihr nicht ein. 

Der Strand war menschenleer, nur die Möwen kreisten. 
Eine weitere Woche konnte sie sich kaum leisten. 
Wellen plätscherten. Plötzlich sah sie einen Schimmer. 
Ein Fisch, dachte sie, war neugierig, wie immer. 
Die Wellen spülten eine Flasche ans Land. 
Darauf in deutscher Schrift zu lesen stand: 

Mein Reisetagebuch, für Dich geschrieben und versandt! 
Lies es! Es führt Dich in Dein Traumreiseland.“ 

Sie war überrascht, dachte nicht mehr an Spesen. 
Dieser Autor konnte Gedanken lesen. 
Sie öffnete die Flasche, rollte auf das Papier: 
Ein „Zauberspruch“ stand geschrieben vor ihr: 

„Schau in Dich hinein und beginne zu schreiben! 
Erinnerung verblasst. Geschriebenes wird bleiben. 
Dein Traumreiseland – das glaube mir – 
liegt nicht in der Welt, es liegt in Dir! 

Deine Reise-Eindrücke so zahlreich wie nie 
beflügeln am besten Deine Fantasie. 
Auf Reisen beobachtest Du, lernst genau zu sehen. 
Beim Schreiben schreibst Du so, dass andere verstehen.
Du führst Deine Leser sanft bei der Hand
Sie folgen Dir in (D)ein Traumreiseland.

Du lernst zu teilen, was Dich beglückt, berührt, 
was Dir wertvoll erscheint, in Dir Empörung schürt. 
Schreibend kannst Du Wissen verständlich aufbereiten,
Probleme lösen und für das Gute streiten.
Beschreibe Deine Geschichte, die Teil von Dir ist, 
und entdecke beim Tagebuch-Schreiben, wer Du bist. 

Deine Traumreise-Begleiterin“ 

So beschloss sie, doch noch ein wenig zu bleiben und
auf der weiteren Reise Tagebuch zu schreiben.

Das vollendete Werk war ein Meisterstück.
Sie warf es in der Flaschenpost ins Meer zurück.

Wenn Du sie findest, dann bereite Dich vor:
Du machst bald Dein Glück 
als „Reisebuch-Autor“.

Wenn nicht, dann verliere nicht den Verstand,
brich auf, entdecke Dein Traumreiseland.
Verreise und lerne Schreiben im Atelier ECS, an jedem Ort.
Ich nehme
 Dich bei der Hand und beim Wort.

Deine Fachautorin und Trainerin 

Ellen Caroline Schmeer

 

© Ellen Caroline Schmeer, alle Rechte vorbehalten 16.06.2021